Fragen von Karsten Grube

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Fragen von Karsten Grube

Karsten Grube (Vorgesetzter der Bundeswehr) E-Mailadresse Nr. 142

Gästebucheintrag 27.10.2008

Hallo Herr Schulz,
ich verfolge sehr gespannt Ihren Schriftverkehr und würde mich für einen bestimmten Punkt Ihrer Tätigkeit bzw. Ihres Wissens über die Vorgänge am Militärstandort Prora interssieren. Über welche Informationen oder Instruktion verfügten Sie als Offizier in der Vorgehensweise gegenüber Bausoldaten im Fall einer Eskalation in der DDR. Welche Anweisungen hatten Sie im Fall einer möglichen Auseinandersetzung, in welcher Form auch immer. Was für Befehle hätten Sie ausführen sollen? In wie weit wurden die Bausoldaten in Prora überwacht, unterwandert oder bespitzelt, vieleicht abgehört. Wie weit können Sie den Lesern derartige Infos offenlegen? Als Offizier und Genosse haben Sie mit Sicherheit weit mehr gewußt wie Sie bis jetzt mitgeteilt haben. Was wäre geschehen wenn..... ? Mit freundlichen grüßen karsten Grube
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Gästebucheintrag 30.10.2008
von Karl-Heinz Schulze

Hallo Herr Grube,
möchte heute zuerst Ihre Fragen versuchen zu beantworten. Ich war kein Offizier, ich war vom Dienstgrad her Fähnrich. Viele Dinge habe ich schon in der ein oder anderen Form beantwortet. Dennoch hier zusammengefasst. Ich war bis 1986 HFW in der 3. Baukompanie. In meinen Aufgabenbereich fiel den Innendienst zu organisieren und die Sicherstellung der Versorgung in der Kompanie und auf der Baustelle. Den Vorgesetzten in der Kompanie, vermutlich ausser den Kompaniechefs unterlag keine "Bespitzelung" der Bausoldaten. Ich setze das wort in Anführungszeichen, da man darunter verschiedener Ansicht sein wird. Es war auch nicht üblich, dass sich die Mitarbeiter der Militärabwehr in den Kompanien aufgehalten hatten. Da ich kein Mitarbeiter der Abwehr war, kann ich auch keine Angaben über deren Arbeitsweise machen. 1989 im Dezember wurde ich tatsächlich wieder in die Baueinheit 4. BK von Oltn. Störzel als HFW strafversetzt. Mertens wurde ebenfalls versetzt, wohin ist mir nicht bekannt. Das war aber alles schon nach dem 09. November 1989. Wir bekamen keine Einsatzbefehle um gegen die Bevölkerung und deren Proteste vorzugehen. In Prora herrschte wie überall im Land bei den Herrschenden Ratlosigkeit, Zerfahrenheit und eine rette sich kann Mentalität. Die letzten Bausoldaten wurden danach bald in zivile Einrichtungen versetzt und später frühzeitig entlassen. Bei uns gab es weder Pläne Bausoldaten oder andere Oppositionelle zu inhaftieren. Leider kann ich mich nicht an die genauen Zeitabläufe erinnern. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch einen Militärprozess gegen mich erwartet, welcher dann im Dezember 89 eingestellt wurde. Man kann sagen, ich hatte den Kopf mit vielen anderen Dingen ebenfalls voll. Da ich um den 09.11.89 noch Fachdienmstleizer für Bewaffnung war, kann ich versichern, dass aus dem Waffenbestand des Pionierbaubatallion Murkran keine Waffen für einen militärischen Einsatz nach Innen bereitgestellt oder ausgegeben wurden. In Prora wurden keine Internierungs- oder andere Lager geplant oder eingerichtet. Eventuelle Gerüchte entsprechen nicht der Wahrheit.
Dennoch möchte ich eine Bemerkung nicht unterschlagen. Der größte Teil der NVA Angehörigen welche als Soldaten, Unteroffiziere, Fähnriche und Offiziere dienten, verstanden sich tatsächlich als Armme des Volkes und lehnten einen Waffeneinsatz gegen die eigene Bevölkerung ab. Sicherlich für die Masse der ehemaligen Bausoldaten nicht nachvollziehbar, aber dennoch eine Realität. Herr Eppelmann verlangte auch von der Armee nach den letzten DDR Wahlen Loyalität. Die Armee hatte während des Herbstes 89 bis zur Einheit kein Interesse an ein Blutbad. Nach dem 3.10.90 war dann alles anders und eine neue Realität entstanden.

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